Atopische
Dermatitis - Allergie bei Hunden
von
Christa Högger
Wie
wir Menschen, können auch Hunde an
Allergien leiden. Fast jeder fünfte
Hund leidet an einer Allergie und
diese Zahlen sind im Zunehmen
begriffen. Während beim Menschen die
Symptome meist Heuschnupfen und
Asthma sind, kratzen, lecken und
beißen sich die Hunde vermehrt oder
haben häufig Haut- und
Ohreninfektionen.
Was
ist atopische Dermatitis?
Die
atopische Dermatitis (kurz AD) ist
eine der häufigsten Ursachen von
chronischem Juckreiz bei Hunden. AD
wird durch allergische Reaktionen
auf eine oder mehrere Substanzen
(Allergene) aus der Umwelt
hervorgerufen. Viele Allergene
können AD verursachen, oft sind es
die gleichen, die beim Menschen
Heuschnupfen oder allergisches
Asthma auslösen.
Wie
äußert sich eine atopische
Dermatitis?
Das
Hauptsymptom ist der Juckreiz, der
besonders Gesicht, Bauch und Pfoten
betrifft. Die befallene Haut kann
gerötet, feucht oder aufgrund von
Kratzen, Beißen, Lecken und Reiben
des Hundes verletzt sein. Häufig
sind die Ohren entzündet und
wiederkehrende Ohrenentzündungen
sind in manchen Fällen erstes und
alleiniges Zeichen einer AD. Oft
treten Hautinfektionen im
Zusammenhang mit Allergien auf, da
die Hautbarriere des Allergikers
gestört ist. So haben Erreger wie
Bakterien und Hefen einfaches Spiel.
Verglichen zum Menschen, zeigen
Hunde nur selten Augen- oder
Nasenausfluss. Im Gegensatz zum
Menschen wachsen Hunde ihre Allergie
nicht aus und sie kann sogar mit dem
Alter schlimmer werden. Deshalb wird
fast immer eine Behandlung
empfohlen.
Warum entwickelt sich atopische
Dermatitis?
Damit ein
Hund AD entwickelt müssen
verschiedene Faktoren erfüllt sein.
Dazu gehört eine genetische
Veranlagung, weshalb gewisse Rassen
auch häufiger an Allergien erkranken
als andere. Nebst der Veranlagung
muss aber auch eine Belastung durch
Umweltallergene gewährleistet sein.
Letztendlich ist die Allergie eine
Fehlsteuerung des Immunsystems. Bei
allergischen Tieren und Menschen
kommt es zu einer Überreaktion des
Immunsystems, wobei Antikörper
(körpereigene Abwehrstoffe) gegen
ansonsten harmlose Stoffe wie
Pollen, Pilzsporen und
Hausstaubmilben produziert werden.
Welche
Hunde entwickeln atopische
Dermatitis?
Bei einem
Großteil der Hunde tritt die
Allergie im Alter von 1-3 Jahren zum
ersten Mal in Erscheinung. Wegen der
genetischen Veranlagung, sind
bestimmte Hunderassen häufiger
betroffen als andere. Besonders
häufig sind Allergien bei Terriern (Westie,
Jack Russel, Yorkshire Terrier, Bull
Terrier, Airedale Terrier, Boston
Terrier) aber auch Rassen wie der
Basset, Beagle, Retriever, Boxer,
Englische und Französiche Bulldogge,
Mops, Spaniel, Lhaso Apso, Shi Tzu,
Dogge, Dackel, Chihuahua und viele
andere werden oft mit AD
diagnostiziert. Mischlinge von
diesen Rassen erkranken ebenfalls
häufig an AD.
Welchen
Allergenen sind Hunde ausgesetzt?
Viele
Allergene stammen aus der Luft und
sind weit verbreitet. Manche sind
das ganze Jahr über vorhanden, wie
zum Beispiel Hausstaub- und
Vorratsmilben sowie einige
Schimmelpilze. Andere findet man nur
zu gewissen Zeiten im Jahr, wie zum
Beispiel Baum- Kräuter- und
Blütenpollen. Hunde nehmen Allergene
in erster Linie über die Haut auf,
deshalb sind auch die
nicht-behaarten Körperstellen
zumeist stärker betroffen
(Achselhöhlen, Zwischenzehenhäute,
Bauch).
Wie
diagnostiziert man atopische
Dermatitis?
Die Diagnose
basiert auf der Krankengeschichte,
der klinischen Untersuchung und auf
dem Ausschluss anderer Erkrankungen,
die ein ähnliches Erscheinungsbild
haben. Dies können z.B. Parasiten
oder Futtermittelunverträglichkeit
sein. Wenn das Vorliegen einer
Allergie vermutet oder bestätigt
ist, empfehlen wir die Durchführung
eines Allergietests. Dieser dient
dazu, diejenigen Allergene zu
identifizieren, auf die der Hund
allergisch reagiert. Es stehen uns
zwei verschiedene Möglichkeiten zur
Verfügung.
Intrakutantest
Dieses ist
der verlässlichste Test, da direkt
die Reaktion der Haut auf
verschiedene Allergene getestet
wird. Er wird ähnlich wie der
Allergietest beim Menschen
durchgeführt. Es werden über vierzig
Allergene in die Haut des Hundes an
der seitlichen Brustwand injiziert.
Die Haare müssen dazu auf einer
Fläche von ca. 10 x 20 cm geschoren
werden und der Hund mit einer
Beruhigungsspritze sediert werden.
Die Reaktionen können innerhalb
weniger Minuten nach Injektion
beurteilt werden, d.h. das Ergebnis
steht sofort zur Verfügung.
Bluttest
Dieser Test
kommt dann zum Einsatz, wenn der
Intrakutantest nicht praktikabel
ist. Dies ist meistens dann der
Fall, wenn Hunde eine sehr stark
veränderte Haut oder sehr starken
Juckreiz haben und nicht ohne
Medikamente auskommen. Beim Bluttest
werden spezifische Abwehrkörper (so
genannte Allergen-spezifische
IgE-Antikörper) gegen die
wichtigsten Allergene gemessen. Je
nach Labor kommt es zu großen
Unterschieden in der Zuverlässigkeit
der Testresultate
Kann
man atopische Dermatitis heilen?
Leider ist
die atopische Dermatitis nicht
heilbar. Es handelt sich um eine
chronische Krankheit, die ständiger
Therapie bedarf. Die meisten
Atopiker können jedoch mittels
geeigneter Therapie so eingestellt
werden, dass praktisch alle
klinischen Symptome kontrolliert
sind. Natürlich wäre die beste
Möglichkeit, eine Vermeidung der
krankmachenden Allergene. Dies ist
jedoch in den meisten Fällen nur
beschränkt machbar. Weitere
Möglichkeiten sind zum Beispiel:
Allergen-spezifische Immunotherapie/Desensibilisierung
Die
Allergieimpfung hat zum Ziel, den
Körper ganz langsam an das Allergen
zu gewöhnen, das die Allergie
auslöst. Es bewirkt eine so genannte
"Umstimmung" des Immunsystems, d.h.
das Immunsystem wird die
Desensibilisierung so beeinflusst,
dass es bei Kontakt mit den
Allergenen nicht mehr über- sondern
normal reagiert.
Bei
erfolgreicher Desensibilisierung
können Medikamente reduziert oder
sogar ganz vermieden werden. Die
Injektionen zur Desensibilisierung
werden normalerweise vom Besitzer zu
Hause gegeben. Menge und
Injektionsabstand variieren von Hund
zu Hund.
Entzündungshemmende Medikamente
Kombinationen von Antihistaminika,
Fettsäuren, Kortisonpräparate und
Cyclosporin können helfen, Ihrem
Tier den Juckreiz zu lindern. Eine
Kombination mehrerer Medikamente ist
zumeist nicht nur wirksamer sondern
auch bezüglich Nebenwirkungen
weniger problematisch. Da jeder Hund
unterschiedlich ist, muss man bei
manchen Tieren verschiedene
Medikamente ausprobieren, um heraus
zu finden, welches die beste
Wirksamkeit hat.
Medizinische Shampoos und
Rückfeuchter
Shampoos und Rückfeuchter bringen
vielen Hunden Erleichterung. Beim
Baden werden Allergene mechanisch
von der Haut abgewaschen und
zusätzlich Juckreiz stillende
Substanzen auf die Haut aufgetragen,
was hilft, den Juckreiz zu lindern.
Benutzen Sie möglichst kühles
Wasser, weil dieses den Juckreiz
zusätzlich mindert und spülen Sie
Shampooreste gründlich wieder aus
dem Fell heraus.
Medikamente gegen Bakterien und
Pilze
Hunde mit Allergien neigen dazu,
Infektionen mit Bakterien und Pilzen
an Ohren und Haut auszubilden. Diese
Hunde brauchen unbedingt eine
entsprechende Behandlung, da die
Infektionen zusätzlichen Juckreiz
verursachen.
Regelmäßige Flohprophylaxe
Es
ist auch wichtig, jeden Hund mit
einer Allergie das ganze Jahr über
vor Flohbefall zu schützen.
Allergische Hunde reagieren viel
empfindlicher auf Flohbisse, als
gesunde Hunde.
Allergien
sind Erkrankungen, die zwar
behandelbar, aber leider nicht
heilbar sind. Die Behandlung
allergischer Hunde erfordert viel
Geduld von Seiten des Tieres, seines
Besitzers und auch des behandelnden
Tierarztes. In fast allen Fällen ist
eine lebenslange Therapie nötig und
allergische Hunde sollten regelmäßig
auf Sekundärinfektionen untersucht
und wenn nötig behandelt werden.
Was
soll ich tun, wenn ich denke, dass
mein Hund atopische Dermatitis hat?
Sprechen Sie
mit Ihrem Tierarzt. Er kann Ihren
Hund entsprechend abklären und Sie
bei Bedarf an einen tierärztlichen
Spezialisten für Hauterkrankungen
überweisen.
Die
Atopische Dermatitis des Hundes
eine Zusammenfassung aus
verschiedensten Quellen
Die
atopische Dermatitis (AD) des
Hundes ist eine häufige, meistens
allergisch bedingte Hauterkrankung,
die von starkem Juckreiz begleitet
wird, der sich durch Kratzen. Lecken
und Beißen der Achselhöhlen und des
Bauchen äußert. Hunde mit atopischer
Dermatitis lecken sich oft maßlos
intensiv die Pfoten, reiben sich im
Gesicht und/oder haben starke
Probleme mit den Ohren. Die Folgen
des Juckreizes können schwere
Hautveränderungen mit
Selbsttraumatisierung und anderen
Begleiterkrankungen sein.
Dieser Juckreiz tritt ebenfalls bei
anderen Allergien auf, z.B. bei
Allergien auf Futterbestandteile
oder Insektenstiche. Aus dem Kratzen
und Lecken resultieren oft
Haarverlust, Hautrötung,
Schuppenbildung, eine Dunkelfärbung
der Haut die ein unangenehmer Geruch
begleitet.
Die
Behandlung ist in vielen Fällen
erfolgreich, allerdings sehr
langwierig und aufwendig.
Vorkommen und Ursache
Etwa
10–15 % der Hundepopulation leidet
an einer atopischen Dermatitis.
Betroffen sind vor allem Hunde im
Alter von 6 Monaten bis 3 Jahren.
Die
Ursache und Entstehung der
Erkrankung ist wie bei der
atopischen Dermatitis des Menschen
(Neurodermitis) noch nicht
vollständig geklärt.
Beim
Hund wird die Erkrankung über eine
allergische Reaktion ausgelöst, die
durch Immunglobulin E (IgE)
vermittelt wird. Der
allergieauslösende Stoff (Allergen)
wird höchstwahrscheinlich über die
Haut (perkutan) aufgenommen.
Als
Allergene kommen zahlreiche Antigene
wie Hausstaubmilben, Vorratsmilben,
Pollen, Gräser, Insekten, Tierhaare
und andere Reizstoffe in Betracht
(Tabakrauch, Umweltverschmutzung,
Floh- oder Milbenbefall,
Ektoparasiten wie Sarcoptesmilben,
Darmparasiten, …) - wobei Milben für
etwa 60 % der Fälle verantwortlich
sind.
Während durch Milben bedingte
Atopien ganzjährig auftreten, sind
durch Pollen und Gräser ausgelöste
Formen vor allem im Frühjahr und
Sommer zu beobachten.
Was ist IgE und was bedeutet ein
erhöhter IgE-Spiegel im Blut?
IgE ist ein Teil des so genannten
humoralen Immunsystems. Es wird von
einer bestimmten Untergruppe der
weißen Blutkörperchen, den
B-Lymphozyten, produziert.
Seine Produktion wird von einer
Vielzahl von Faktoren beeinflusst.
Beim Hund existiert auch nicht nur
eine Art des IgE, sondern es gibt
verschiedene Untertypen.
Die Höhe des Gesamt-IgE-Spiegels ist
genetisch festgelegt und unterliegt
einer großen Schwankungsbreite.
Zu einer vermehrten Produktion von
IgE können vor allem Parasiten (im
Darmbereich, auf der Haut usw.)
führen, ebenso wie Bakterien und
Hefepilze, um nur einige zu nennen.
Dieses IgE ist unspezifisch, dürfte
also im Bluttest, wo
allergenspezifisches IgE gemessen
wird, streng genommen nicht
mitreagieren. Leider tut es dies
aber bei starkem „IgE-Überschuss“
trotzdem, kann also falsch-positive
Ergebnisse vortäuschen.
Die Bildung von spezifischem IgE,
also IgE, welches gegen spezielle (Einzel-)Allergene
gerichtet ist, besagt lediglich,
dass der Organismus sich vorher
irgendwann einmal mit dem Allergen
auseinandergesetzt hat.
Die Menge an spezifischem IgE allein
erlaubt aber nicht zu unterscheiden,
ob ein Patient Atopiker ist oder
nicht.
Ist die AD eine Erberkrankung?
Nach dem heutigen Wissensstand wird
die Anlage, eine atopische
Dermatitis zu entwickeln, vererbt.
Dies heißt aber nicht, dass das Tier
auch daran erkranken wird!
Erst wenn Umweltfaktoren dazukommen,
die die Entwicklung der Erkrankung
fördern, kommt es zum Ausbruch der
Erkrankung.
Das klinisches Bild
Das
wichtigste und anfangs auch einzige
Symptom der atopischen Dermatitis
ist der Juckreiz (Pruritus).
Juckreiz kommt zwar auch bei
zahlreichen anderen Hauterkrankungen
vor, aber fehlender Juckreiz
schließt eine Atopische Dermatitis
bereits aus. Primäre
Hautveränderungen (Primäreffloreszenzen)
gibt es allenfalls in Form von
Rötungen (Erythema), diese können
aber auch ganz fehlen. Ebenso tritt
eine chronische Ohrentzündung bei
einem atopischen Hund gehäuft auf.
Der
Juckreiz zeigt sich vor allem in
Regionen mit einer dünnen Haut und
einer erhöhten mechanischen
Belastung, da mikroskopisch kleine
Hautverletzungen (Mikrotraumen)
offenbar den Eintritt der Allergene
fördern. Die häufigsten Orte des
Auftretens von Juckriez sind Kopf
(Lefzen, Augenumgebung, Ohr) und die
Pfoten. Weiterhin können die
Beugeseiten des Ellbogens, des
Vordermittelfußes und des
Sprunggelenks, die Achselgegend, die
Leistenregion und der Bauch
betroffen sein. Als rassespezifische
Lokalisation gilt bei Boxer,
Staffordshire Bullterrier und
Neufundländer die Halsunterseite.
Der Rücken ist dagegen primär nie
betroffen.
Im
weiteren Verlauf kommt es aber
schnell zu sekundären
Hautveränderungen (Sekundäreffloreszenzen)
durch das Kratzen, Scheuern,
Belecken (Fellverfärbung) oder
Benagen der juckenden Hautpartien.
Hierbei können praktisch alle
Sekundäreffloreszenzen (Exkoriation,
Papeln, Pusteln, Seborrhoe) bei
längerem bestehen auch in Form von
Haarausfall und Hautverdickung
auftreten. Durch bakterielle
Sekundärinfektion kann eine
Pyodermie, durch übermäßige
Entwicklung der Hautflora eine
Malasseziendermatitis auftreten. Am
Ohr kann eine chronische
Ohrentzündung (Otitis externa), an
den Füßen eine chronische
Pododermatitis entstehen.
Die Diagnose
Die
Diagnose ist klinisch nur schwierig
zu stellen. Frühformen werden vom
Besitzer häufig nicht erkannt oder
nicht ernst genommen, so dass der
Tierarzt zumeist Tiere mit
fortgeschrittener AD und den
unspezifischen
Sekundäreffloreszenzen vorgestellt
bekommt.
Differentialdiagnostisch müssen vor
allem andere Allergien wie Floh- und
Futterallergie ausgeschlossen
werden, die aber auch gleichzeitig
mit einer Atopie auftreten können.
Die Diagnose kann über den so
genannten Fcε-Rezeptortest erfolgen,
mit dem freie IgE Antikörper im
Serum nachgewiesen werden können.
Die Therapie - Allergenvermeidung
und Hyposensibilisierung
Die
erfolgreiche Behandlung der
atopischen Dermatitis (AD) stellt
eine besondere Herausforderung dar -
sowohl für den Tierhalter als auch
für den Tierarzt. Jeder Fall ist
anders. Die Behandlungspläne müssen
in aller Regel individuell erstellt
werden. Dazu sind gute Kenntnisse
über diese Erkrankung unverzichtbar.
In
der Mehrzahl der Fälle ist es
erforderlich, verschiedene
Behandlungen miteinander zu
kombinieren. Heute stehen mehrere
Behandlungsstrategien zur Verfügung,
davon sind einige neu. Anpassungen
an den Verlauf der Erkrankung und
eine enge, vertrauensvolle
Zusammenarbeit zwischen Tierhalter
und Tierarzt sind weitere dringende
Grundvoraussetzungen für den Erfolg.
Das primäre Ziel bei der Behandlung
der AD ist die Minderung des
intensiven, meist chronischen
Juckreizes, welcher die
Hauptbeschwerde bei dieser
Erkrankung darstellt.
Die AD ist eine multifaktorielle
Erkrankung. Aeroallergene, vor allem
von Hausstaubmilben, seltener von
Blütenpollen, werden beim Hund als
Primärfaktoren bei der Entstehung
der AD angesehen. Sie gelangen über
die Luft auf die Haut und werden
dort nach dem Durchdringen der
Epidermalbarriere von so genannt
Antigen-präsentierenden Zellen
erkannt und an Entzündungszellen
weitergereicht. Daneben können
Nahrungsmittelallergene eine
Vermehrung von Bakterien und
Malassezien (Hefepilze) – beide
gehören zur normalen Hautflora - auf
der Haut durch Schwitzen,
Feuchtigkeit auf der Haut,
Wärmebelastungen, trockene Haut,
Defekte der epidermalen
Barrierefunktion sowie psychogene
Faktoren wie Nervosität, Stress oder
Langeweile zur Entwicklung und
klinischen Manifestation der
Erkrankung beitragen.
Derartige Faktoren werden
aggravierende Faktoren genannt. Sie
kommen sekundär wie auch unabhängig
zur AD vor, senken die
Juckreizschwelle in
unterschiedlichem Maße und sollten
in der Regel als erstes behandelt
werden. Wenn beispielsweise eine
bakterielle Überbesiedlung der Haut
diagnostiziert wird, sollte man
zuerst eine antibakterielle Therapie
und, falls angezeigt und gewünscht,
erst danach eine Desensibilisierung
durchführen. Das schrittweise
Ausschalten der aggravierenden
Faktoren trägt dazu bei, deren
individuelle Bedeutung als Ursache
des Juckreizes zu erkennen.
Die
Ursachenbeseitigung ist, weil das
auslösende Allergen entweder
unbekannt ist oder nicht aus der
Umgebung des Hundes entfernt werden
kann, nur selten möglich. Auf jeden
Fall kann eine Bekämpfung der
Hausstaubmilben (ein häufigerer
Auslöser einer AD) versucht werden.
Ist
das Allergen durch Allergietests
bekannt, kann eine
Desensibilisierung durchgeführt
werden. Hierbei wird durch eine
langsam ansteigende Verabreichung
des Allergens versucht, die
allergische Reaktion zum Stillstand
zu bringen. Die Behandlung ist
langwierig und erfordert viel
Kooperationsbereitschaft und Geduld
seitens des Hundehalters, die
Erfolgsquote liegt aber bei etwa
50-80%.
Für
eine erfolgreiche Behandlung der AD
stehen folgende Behandlungsverfahren
zur Verfügung:
1. Behandlung aggravierender
Faktoren:
a)
Überbesiedlung bzw. Infektion der
Haut durch Bakterien oder
Malassezien (Hefepilze der
"normalen" Hundehaut)
b) Defekte in der Hornschicht der
Epidermis (trockene Haut/ defekte
Barrierefunktion)
c) Psychogene Faktoren wie Stress,
Ängstlichkeit oder Langeweile
2. Vermeidung bzw. Verminderung
spezifischer Allergene (Aeroallergene,
aber auch Futtermittelallergene)
3. spezifische Immuntherapie
(Desensibilisierung)
4.
anti-inflammatorische /
symptomatische Therapie des Pruritus
(Juckreiz):
a)
orale Behandlung
b)
örtliche Behandlung
Abb.
nicht-parasitärer Juckreizeffekt
Die Medikamentöse Therapie
Durch die Bekämpfung des Juckreizes
stellen sich zwar schnell Erfolge
ein, aber die Behandlung hat
zahlreiche Nebenwirkungen und sollte
damit zeitlich auf maximal 3 Monate
beschränkt werden.
Am
wirksamsten ist die orale
Verabreichung von Prednisolon, wobei
die Dosis und Verabreichungsfrequenz
möglichst schnell gesenkt werden
muss. Da Prednisolon das Immunsystem
abschwächt, können sich nach
Anfangserfolgen die Symptome
plötzlich wieder verstärken, da
natürlich vorhandene Bakterien,
Malassezien und Demodex-Milben
plötzlich eine klinisch manifeste
Hauterkrankung auslösen.
Alternativ können Antihistaminika
(z. B. Cetirizin, Chlorpheniramin,
Terfenadin) angewendet werden,
allerdings spielt Histamin bei
Hunden nur eine untergeordnete Rolle
als Vermittler des Juckreizes, so
dass Antihistaminika nur in wenigen
Fällen wirken. Bei Pyodermie sind
sie vollkommen wirkungslos.
Viel
versprechend ist die orale Gabe von
Ciclosporin, welches die
Entzündungsreaktionen in der Haut
stark herabsetzt und damit den
Juckreiz wirkungsvoll beseitigen
kann. Wie bei der
Prednisolon-Therapie wird die Dosis
allmählich gesenkt. Die Behandlung
ist aber relativ teuer und hat bei
etwa einem Viertel der Patienten
Nebenwirkungen wie Erbrechen und
Durchfall. Ein ähnliches
Wirkungsspektrum zeigt Tacrolimus,
welches lokal auf die Haut
aufgetragen wird.
Unterstützende Maßnahmen
Unterstützende Maßnahmen sich in
jedem Fall sinnvoll, als
Alleintherapie aber nur seltensten
Fällen ausreichend. Die Gabe von
essentiellen Fettsäuren (hochwertige
Speiseöle, Spezialpräparate) kann
die Symptomatik nach einigen Wochen
deutlich verbessern.
Eine
Shampoonierung ist stets
unterstützend sinnvoll. Sie sollte
zweimal pro Woche durchgeführt
werden. Vor allem Shampoos auf der
Basis von Chlorhexidin verhindern
sekundäre Begleiterkrankungen durch
Malassezien oder Bakterien. Darüber
hinaus entfernen sie Allergene,
Schweiß und Entzündungsprodukte von
der Hautoberfläche und unterstützen
die Verheilung von Hautschäden und
damit die Herstellung der
natürlichen Barrierefunktion der
Haut.
Die
Behandlung bei übermäßiger
Proliferation der normalen Hautflora
erfolgt mit antimikrobiellen
Wirkstoffen (Antibiotika,
pilzwirksame Mittel). Zusätzlich zur
oralen Behandlung sollten Shampoos,
Leave-ons (Verwendung von
wasserlöslichen Cremes nach dem
Shampoonieren), Puder (für Falten
der Haut und den Zwischenzehenraum)
eingesetzt werden, um den
antimikrobiellen Effekt zu
verstärken und das Behandlungsziel
rascher und nachhaltiger zu
erreichen (z.B. mit
Chlorhexidin-Shampoos oder -Puder).
Zur Therapie der trockenen Haut und
der defekten Barrierefunktion der
Epidermis eignen sich ungesättigte
Fettsäuren (oral verabreicht) sowie
Feuchtigkeitsspender und
Emollientien zur örtlichen
Anwendung. Neuerdings steht ein
hochentwickeltes medizinisches
Shampoo mit positiven Effekten auf
die Barrierefunktion der Epidermis
zur Verfügung (Allermyl Shampoo).
Psychogene Faktoren wie Stress,
Ängstlichkeit oder Langeweile tragen
zur klinischen Erkrankung der AD
bei. Verhaltenstherapie, viel
Bewegung, Übungen, Agility training,
Spielzeug, ein neuer Spielgefährte
oder andere Abwechslungen erlauben
in solchen Fällen, die Schwelle, bei
der Juckreiz durch
Mehrfachbelastungen ausgelöst wird,
anzuheben.
Die vollständige Vermeidung von
Allergenen aus der Umgebung ist
selten möglich. Zur Reduktion von
Hausstaubmilben können praktische
Maßnahmen wie häufiges Lüften der
Räume, Herabsetzen der
Raumtemperatur, Ersetzen von
Teppichböden durch nicht textile
Bodenbeläge, Ersatz oder Bezug über
Kissen oder Decke im Körbchen usw.
beitragen.
Die spezifische Immuntherapie
(Desensibilisierung) erfolgt durch
wiederholte Injektionen mit
zunehmenden Dosen durch einen
Intrakutantest oder einen Bluttest
ermittelte Immunogene. Als
Faustregel gilt: 1/3 der Patienten
kann geheilt werden, 1/3 der
Patienten muss regelmäßig einmal
oder mehrmals im Jahr weiter
behandelt werden, und 1/3 der
Patienten spricht nicht auf die
Therapie an.
Die Ergebnisse hängen von der
Qualität des spezifischen Allergens,
seinem Nachweis durch einen
Intrakutan- oder einen serologischen
Test, die Auswahl und die Qualität
der Desensibilisierungslösung,
gleichzeitig vorliegenden
aggravierenden Faktoren, der Menge
spezifischer Allergene in der
Umgebung usw. ab.
Zur symptomatischen Behandlung von
Entzündung und Juckreiz stehen unter
anderem die folgenden Wirksubstanzen
zur Verfügung:
a.
Glukokortikoide (Kortison)
Langzeitbehandlung möglichst
vermeiden.
Oral: nach Möglichkeit
Kurzzeitkortikoide (Prednison/Prednisolon),
zunächst täglich, dann jeden 2. oder
3. Tag, eine wirksame
Minimaldosierung kann entsprechend
der Wirkung ermittelt werden
(Reduktion von Nebenwirkungen).
Örtlich: Creams, Lösungen oder
Sprays, zuerst hochwirksame, danach
schwachwirksame Wirkstoffe 1-2x
tgl., eventuell auch jeden 2. oder
3. Tag. Einsparung von Kortison in
einigen Fällen möglich durch
gleichzeitige Shampootherapie sowie
orale Behandlung mit ungesättigten
Fettsäuren und/oder Antihistaminika.
b.
Antihistaminika
Oral: generell nur in bis zu 30 %
aller Fälle wirksam. Wichtig: zuerst
muss eine eventuell vorliegende
Überbesiedlung der Epidermis mit
Bakterien oder Hefepilzen behandelt
werden.
Beste Wirkung bei Cetirizin (eigenen
Erfahrungen). Verhindert Wanderung
von Entzündungszellen vom Blut in
die Epidermis.
c. Cyclosporin
Oral: Neu, in der Schweiz bereits
zugelassen. Sehr gute Erfolge bei
der Behandlung der AD des Hundes
(übrigens auch des Menschen).
Unerwünschte Nebenwirkungen in
Einzelfällen: Magen-Darm-Störungen
(Erbrechen, Durchfall), selten
Schwellungen des Zahnfleischs mit
örtlichen Blutungen und Wucherungen
(reversibel), Lahmheiten. Im
Gegensatz zum Menschen beim Hund
keine Nieren- oder Lebertoxizität
beobachtet. Bei gleichzeitiger
Verabreichung bestimmter anderer
Medikamente erhöhte Blutspiegel von
beiden Substanzen. Bei großen Hunden
kann damit eventuell ein
Einsparungseffekt (Kostenreduktion)
erzielt werden.
d. Hafermehl
Shampoos
Örtlich: juckreizmindernd,
feuchtigkeitsspendend und
entzündungshemmend.
e. Shampoos
mit Mono- und Oligosacchariden
Örtlich: vor allem L-Rhamnose,
immunsuppressiv, anti-adhäsive
Wirkung bei Bakterien und
Malassezien gegenüber Keratinozyten
(Allermyl Shampoo von Allerderm/Virbac),
beruhigend, juckreizmindernd.
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